Bleiben wir bei den Menschen, die keine Managerlöhne verdienen. In der Stadt Zürich könnten laut Lohnstrukturerhebung des Bundes rund 17’000 Personen vom Mindestlohn profitieren. Gemäss dem Hilfswerk Caritas sind es zu zwei Dritteln Frauen, die vor allem in Tieflohnbranchen wie Reinigung, Gastronomie oder Detailhandel tätig sind.
Resener: Ja, da sind wir beim Problem. Ein Grossteil der Personen, die in den Tieflohnbranchen arbeiten, kommen da nicht raus. Das, was Dumpinglohn-Unternehmen mit ihren Geschäftsmodellen sparen, zahlt die Gesellschaft aber später über die Ergänzungsleistungen nach. Wer sein Leben lang so wenig verdient, der:die wird von Altersarmut betroffen sein.
Ein Argument der Gegner:innen, dass auch Sie schon angesprochen haben, Përparim Avdili, ist, dass der Mindestlohn auch Menschen zugutekommt, die gar nicht in Armut leben würden.
Avdili: Genau, es gibt ein kleines Feld, wo tiefe Löhne ein Problem sind, aber da helfen wir nicht mit staatlich diktierten Löhnen, da braucht es andere Massnahmen.
Resener: Der Mindestlohn schafft die Armut nicht ab – da gebe ich den Gegner:innen recht. Für eine alleinerziehende Person mit drei Kindern zum Beispiel reichen auch 23.90 pro Stunde nicht, um in der Stadt Zürich zu leben. Aber Menschen, die Vollzeit arbeiten, sollen von ihrem Lohn leben können. Diesem Ideal wollen wir uns mit einem moderaten Mindestlohn annähern.
Avdili: Aber das Giesskannenprinzip des Mindestlohn bringt nichts, damit gefährden wir nur unsere Wirtschaft und die Arbeitsstellen, wir brauchen gute Rahmenbedingungen.
An welche Ansätze denken Sie denn, wenn es darum geht, Working Poors, also Menschen, die trotz Arbeit nicht genügend verdienen, zu unterstützen?
Avdili: Da sollte das Sozialhilfesystem greifen und in Zürich gibt es beispielsweise zig Menschen, die ungerechtfertigt in gemeinnützigen Wohnungen leben. Und Working Poors wäre viel eher geholfen mit einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV): Ich verstehe nicht, warum genau die Gewerkschaften die Errungenschaften der Sozialpartnerschaften torpedieren.